Andauernde Risiken wie der Fachkräftemangel und steigende Lohnkosten, kombiniert mit der nachlassenden Nachfrage in internationalen Exportmärkten, lassen die Unternehmen vorsichtiger werden – das zeigt der 24. Deloitte CFO Survey. Um den Herausforderungen zu begegnen, wollen die Unternehmen die Effizienz an ihren Standorten in Deutschland steigern und verstärkt in Digitalisierung und Automatisierung investieren. Generative KI soll zu einem wichtigen Tool in der Unternehmensstrategie werden. Zusätzlich wird Outsourcing vermehrt in Betracht gezogen, um Expertenwissen extern einzukaufen.
Fast die Hälfte der CFOs beurteilt die Situation schlechter als vor drei Monaten. Die Differenz der Prozentwerte der positiven und negativen Einschätzungen fiel von +14 Prozent auf aktuell -30 Prozent. Großunternehmen sind vom negativen Umschwung stärker betroffen als Mittelständler. Besonders schlecht sind die Aussichten in der Baubranche, im Maschinenbau und in der Automobilbranche. Relativ besser stehen Handel und Konsumgüterindustrie da.
Zu den Ursachen für die Verschlechterung gehören vor allem die anhaltenden Risiken. Am wichtigsten bleiben Fachkräftemangel (64 Prozent) und steigende Lohnkosten (62 Prozent). Hinzu kommt das Risiko der nachlassenden Inlandsnachfrage (58 Prozent), das besonders für die Konsumgüterindustrie und den Handel entscheidend ist. Geopolitischen Risiken bleiben das wichtigste Risiko unter exportorientierten Unternehmen. Entsprechend leiden die Kennzahlen in den Unternehmen. Nur die Umsatzerwartungen bleiben im leicht positiven Bereich (Index: +10 Prozent). Operative Margen sollen aber stark fallen (-21 Prozent) und lassen Einstellungsabsichten (-5 Prozent) und die Investitionsbereitschaft (-7 Prozent) sinken.
Vor diesem Hintergrund haben Kostensenkungen höchste Priorität (68 Prozent). Defensive Strategien herrschen vor allem im verarbeitenden Gewerbe vor. Der Dienstleistungssektor und die Technologiebranche können dagegen noch auf Wachstumsstrategien und Innovation setzen. Die Investitionen der Unternehmen passen sich an die neue Risikolandschaft an. Aufgrund der anhaltenden geopolitischen Risiken sollen sich die Investitionen der Unternehmen in den kommenden Jahren weg aus China in Richtung Europa und Nordamerika verschieben. In den kommenden drei bis fünf Jahren wollen 75 Prozent der befragten Unternehmen verstärkt in Deutschland investieren. Unter den exportorientierten Unternehmen führen die Standorte Nordamerika und Indien, die auch für das verarbeitende Gewerbe Investitionsschwerpunkte sind.
Die Investitionsplanungen fokussieren sich auf Umstrukturierung und Optimierung sowie die Weiterentwicklung digitaler Kompetenz. Etwa zwei Drittel der Teilnehmenden will in diesen Bereichen verstärkt investieren. Traditionelle Investitionen in Maschinen und Grundstücke sind dagegen eher zweitrangig. Die Unternehmen wollen in bestehenden Standorten vor allem Kosten reduzieren (49 Prozent) sowie die Automatisierung (45 Prozent) und Digitalisierung (42 Prozent) vorantreiben. Investitionen für die Erschließung neuer Märkte sind dagegen nur bei wenigen Unternehmen geplant (20 Prozent). Angesichts der gestiegenen Zinsen greift die Hälfte der Unternehmen für die Finanzierung vermehrt auf Innenfinanzierung zurück. Bankkredite wollen nur 34 Prozent der Befragten verstärkt nutzen.
Um die Effizienz zu steigern, soll auch generative KI vermehrt genutzt werden. Auch wenn die Technologie noch relativ neu ist, experimentieren fast die Hälfte der Teilnehmenden bereits damit, in Großunternehmen sind es sogar fast zwei Drittel. Aus Sicht der CFOs wird dieser Trend weiteergehen. Für 62 Prozent wird generative KI in fünf Jahren wichtig bzw. sehr wichtig für die Geschäftsstrategie sein, bei Großunternehmen sind es knapp 80 Prozent. Vor allem das Bankwesen will schnell zum aktuellen Vorreiter, der Tech-Industrie, aufschließen. Die erhofften Vorteile liegen sieht man vor allem in verbesserter Produktivität und Profitabilität (40 Prozent) sowie in der Kostensenkung (37 Prozent). Dem Einsatz stehen aber noch Hürden entgegen. Für 53 Prozent der Unternehmen sind fehlende KI-Talente und Fachkenntnisse ein Hindernis, für 39 Prozent Datenschutz und Sicherheit.
Die fehlenden Fachkräfte sind auch in der Finanzfunktion eine große Herausforderung. Insbesondere Großunternehmen haben erhebliche Probleme, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter dafür aufzubauen. Entsprechend kann sich die Prozess- und Systemlandschaft innerhalb der Finanzfunktion nicht in einem adäquaten Tempo weiterentwickeln. Die CFOs könnten dem Fachkräftemangel mit verstärktem Outsourcing begegnen. Aktuell wird Outsourcing aber nur von einer Minderheit der Teilnehmenden genutzt.
In vielen Unternehmen ist allerdings eine zukünftige Auslagerung in der Diskussion, besonders in Bereichen wie Application Management System, Daten- und Prozessmanagement oder Transformations-Know-how. Das wichtigste Argument für das Outsourcing nicht-transaktionaler Tätigkeiten stellt die flexible Skalierbarkeit (46 Prozent) dar, weniger wichtig sind Kosteneffizienz oder Kosteneinsparungen (je 28 Prozent). Der wesentliche Erfolgsfaktor beim Outsourcing ist aus Sicht der Befragten die partnerschaftliche Zusammenarbeit (39 Prozent), also Themen wie Cultural Fit oder Vertrauen.
Der Deloitte CFO Survey reflektiert die Einschätzungen und Erwartungen von CFOs deutscher Großunternehmen zu makroökonomischen, unternehmensstrategischen und finanzwirtschaftlichen Themen. Für den 24. Ausgabe wurden im September 2023 193 Finanzvorstände deutscher Unternehmen befragt. 54 Prozent der Unternehmen erzielen einen Umsatz über 500 Millionen Euro, zehn Prozent über fünf Milliarden Euro. Die häufigste Branche ist der Maschinenbau mit elf Prozent, gefolgt von Konsumgüterindustrie und Handel.
Den vollständigen Deloitte CFO Survey Herbst 2023 gibt es hier