Ergonomisch unzureichend gestaltete Medizinprodukte können zu nachhaltigen Schäden für Anwender, Patienten und der Wirtschaftlichkeit einer Gesundheitseinrichtung führen. Das Problem: Unabhängige ergonomische Kaufkriterien sind nur schwierig zusammenzutragen. Die Ausgabe 5/23 der mt medizintechnik informiert daher mit einem Schwerpunkt zur Ergonomie.
Schlüsselrolle Medizintechnik
Die gegenwärtigen Entwicklungen im Gesundheitswesen belegen die hohe Relevanz von Gesundheit und Wohlbefinden bei der Arbeit, die durch Gesundheitsschutz und verbesserte Arbeitsprozesse in medizinischen Einrichtungen erreicht werden können. Medizinprodukte – ohne die eine medizinische Versorgung nicht möglich wäre – spielen dabei eine Schlüsselrolle.
Der Einkauf ergonomischer Medizinprodukte stellt Gesundheitseinrichtungen aber häufig vor eine große Herausforderung. Für die Zulassung von Medizinprodukten gelten in der Europäischen Union hohe gesetzliche Anforderungen, die sowohl die Funktionssicherheit als auch den medizinischen Nutzen dieser Produkte gewährleisten sollen. Dazu gehört für die Hersteller auch der Nachweis einer ausreichenden Gebrauchstauglichkeit und Ergonomie der Produkte.
Besonderheit zwei Schnittstellen
Dabei tritt bei Medizinprodukten die Besonderheit auf, dass diese in der Regel zwei Schnittstellen zum Menschen aufweisen: eine zum Anwender, die andere zum Patienten. Um Letzteren geht es primär bei der Bewertung der Ergonomie im Zulassungsprozess, da ergonomisch unzureichend gestaltete Medizinprodukte die Anwendungssicherheit, Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit medizinischer Behandlungssysteme beeinträchtigen.
Im Zulassungsprozess liegt der Schwerpunkt der Untersuchung einer unzureichenden Ergonomie erfahrungsgemäß auf der Patientensicherheit. Auswirkungen einer (un-)ergonomischen Gestaltung auf die Anwender eines Medizinproduktes werden – wenn überhaupt – nur nachgeordnet betrachtet und beschränken sich zumeist auf eine unmittelbare Gesundheitsschädigung derselben. Latente Fehlbelastungen, die zu chronischen Beschwerden wie z. B. Muskel- Skelett-Erkrankungen führen können, werden in der Regel nicht ausreichend berücksichtigt. Auch negative Auswirkungen auf die Psyche der Anwender, z. B. durch schlecht gestaltete grafische Benutzeroberflächen, treten trotz starker Regulierung fortgesetzt auf.
Für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist der Umgang mit ergonomisch unzureichend gestalteten Medizinprodukten immer mit erhöhten physischen oder psychischen Beanspruchungen verbunden. Damit ist die ergonomische Gestaltung von Medizinprodukten – zusätzlich zur Patientensicherheit – eine wichtige Voraussetzung für ein sicheres und gesundes Berufsleben.
Fachbeiträge in mt medizintechnik
Mit dem Ziel, Gesundheitseinrichtungen bei der Auswahl ergonomischer Produkte zu unterstützen, hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung das Modellprojekt „BGW test“ gestartet. In vergleichenden Produkttests wird die Ergonomie von Medizinprodukten erstmals durch Anwender sowie Experten bewertet. In der Ausgabe 5/23 der mt medizintechnik werden Ihnen erste wesentliche Ergebnisse von vergleichenden Produkttests dieses interessanten Modellprojekts vorgestellt.