Die Bundesregierung will Whistleblower im beruflichen Umfeld umfassender schützen. Für die Meldung von Verstößen im Unternehmen oder in einer Behörde sollen interne als auch externe Meldestellen eingerichtet werden. Zudem sollen Hinweisgeber:innen vor beruflichen Repressalien geschützt werden. Das sieht der Entwurf „eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ vor, den die Bundesregierung jetzt vorgelegt hat. Der Entwurf soll am 29. September in erster Lesung beraten werden.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die EU-Hinweisgeberschutz-Richtlinie ((EU) 2019/1937, (EU) 2020/1503) umsetzen, aber auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Rechnung tragen. Das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz) soll die wesentlichen Anforderungen und Verfahren an den Hinweisgeberschutz regeln. Danach müssen alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten, Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden können Meldestellen gemeinsam aufbauen. Als externe Meldestelle soll das Bundesamt für Justiz dienen, für einige Bereiche sind spezielle Meldestellen vorgesehen.
Wie die Bundesregierung ausführt, ist der Anwendungsbereich entsprechend der Vorgabe der EU-Richtlinie weit gefasst. Er umfasst neben Arbeiternehmer:innen auch Beamt:innen, Anteilseigner:innen, Mitarbeiter:innen von Lieferanten und Personen, die bereits vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses Kenntnisse von Verstößen erlangt haben. Die hinweisgebende Person soll laut Entwurf wählen können, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden will.
Ihre Identität ist vertraulich zu behandeln. Meldungen sollen auch anonym möglich sein. Für interne Meldestellen soll allerdings keine Verpflichtung bestehen, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen. Gleiches soll vorbehaltlich spezialgesetzlicher Regelungen auch für die externen Meldestellen gelten. Die jeweilige Meldestelle soll anonym eingehende Meldungen allerdings bearbeiten, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet wird.
Schutzregelungen sollen in bestimmten Fällen auch greifen, wenn die hinweisgebende Person den Gang an die Öffentlichkeit wählt. Das gilt zum Beispiel, wenn eine externe Stelle nicht innerhalb einer bestimmten Frist auf eine Meldung mit Folgemaßnahmen reagiert hat. Auch wenn die hinweisgebende Person „hinreichenden Grund zur Annahme“ hat, dass beispielsweise „der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann“ oder „im Fall einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind“, darf sie Informationen veröffentlichen.
Der sachliche Anwendungsbereich umfasst Verstöße gegen diverse EU-rechtliche Regelungen, nationales Strafrecht und bestimmte ordnungsrechtliche Regelungen, die bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Der Entwurf sieht Ausnahmen für Meldungen vor, die etwa Informationen betreffen, die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates oder Kritische Infrastrukturen im Sinne der BSI-Kritisverordnung betreffen.
Für hinweisgebende Personen und bestimmte andere Personen gilt nach einer Meldung ein Schutz vor Repressalien beziehungsweise vor einer Drohung damit. Nach einer Meldung erfolgte „Benachteiligungen“ einer hinweisgebenden Person „im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit“ sollen laut Entwurfstext vermutet werden, dass es sich um eine Repressalie handelt. „In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte“, heißt es im Entwurf.
Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien entsteht eine Schadenersatzpflicht durch den Verursacher. Als Ordnungswidrigkeiten sollen beispielsweise geahndet werden, wenn eine interne Meldestelle nicht eingerichtet oder wenn die Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle behindert wird. Hinweisgebende Personen sollen für den Schaden aufkommen, „der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist“. Zudem soll das Offenlegen unrichtiger Informationen eine Ordnungswidrigkeit sein.