Wirtschaft warnt vor Problemen bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten

14 Sep

Zahlreiche Wirtschaftsverbände haben sich an das Bundesjustizministerium (BMJ) sowie das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Finanzministerium (BMF) gewandt und einen offenen Markt für die bevorstehende verpflichtende Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte gefordert und vor Kapazitätsengpässen gewarnt. Diese Forderungen unterstützt auch der TÜV-Verband als Vertreter der Prüforganisationen.

Rund 15.000 Unternehmen müssen künftig Nachhaltigkeitsberichte erstellen und von externen Stellen prüfen lassen. Zuvor muss die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht umgesetzt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird in Kürze erwartet. Wirtschaftsverbände wie der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie, der Chemischen Industrie VCI, des Maschinen- und Anlagenbaus, der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) sowie die Wirtschaftsvereinigung Metalle wenden sich an die zuständigen Bundesministerien und warnen vor Wettbewerbsnachteilen für Deutschland.

„Dem Vernehmen nach sollen die Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland ausschließlich von Wirtschaftsprüfern durchgeführt werden dürfen“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Die Folge wären Kapazitätsengpässe bei den Prüfern, höhere Kosten, die vor allem den Mittelstand belasten würden, und die Gefahr minderwertiger Prüfungsergebnisse, wenn Personal oder technisches Know-how fehlt. Wir brauchen einen offenen Markt, der sich allein nach der Qualität, Fachexpertise und Unabhängigkeit der prüfenden Unternehmen richtet.“ Jetzt gehe es darum, die Vorgaben nach den Erfordernissen der betroffenen Unternehmen in nationales Recht umzusetzen. Neben Wirtschaftsprüfern sollten auch technische Sachverständige die Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten vornehmen dürfen. Die technischen Prüfunternehmen verfügten über langjährige Erfahrungen unter anderem bei der Zertifizierung von Umweltmanagementsystemen, der Verifizierung des CO2-Fußabdrucks von Unternehmen oder von Lieferkettenaudits.

Alarm schlagen auch die Vertreter der betroffenen Wirtschaftszweige. „Für die externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten brauchen wir ein möglichst breites Angebot qualifizierter Prüfdienstleister, die zu vertretbaren Kosten arbeiten“, sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des VDMA. Deutschland sollte Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien folgen und neben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auch sonstige akkreditierte Prüfstellen wie zum Beispiel TÜV, Dekra, DQS und andere Organisationen zulassen. Zudem sollte es möglich sein, die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte mit der ISO-Auditierung zu verknüpfen.

„Es darf keinen deutschen Sonderweg geben“, so Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Auch bei dieser EU-Richtlinie sei Einheitlichkeit bei der Umsetzung Trumpf. Anderenfalls drohe ein unübersichtlicher Flickenteppich und unseren Unternehmen Nachteile gegenüber Wettbewerbern aus dem europäischen Ausland. Die Einbindung unabhängiger Prüfungsdienstleister erhöhe die Verfügbarkeit und sorge für fairen Wettbewerb.

„Insbesondere in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist aufgrund der komplexen Wertschöpfungsketten und der anspruchsvollen Vorgaben mit Blick auf den Klimaschutz und der zirkulären Wirtschaft eine hohe Fachexpertise der Auditoren erforderlich“, sagt Berthold Welling, VCI-Geschäftsführer Recht und Steuern, Nachhaltigkeit. „Wir erwarten, dass sich die Prüfdienstleister in puncto Nachhaltigkeit entsprechend diversifizieren und spezialisieren müssen. Insofern braucht es einen vitalen Markt mit unterschiedlichen akkreditierten Playern. Umso mehr gilt es, auch unabhängige Auditoren anzuerkennen, die oftmals langjährige Erfahrungen im Nachhaltigkeitsbereich vorweisen können“, so Welling weiter.

„Die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie bringt vor allem für den deutschen Mittelstand erhebliche Belastungen mit sich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Unternehmen bereits heute zahlreichen gesetzlichen Berichtspflichten nachkommen müssen. Wenigstens bei der Frage der Berichtsprüfung sollte die Bundesregierung Verhältnismäßigkeit und Praktikabilität zur Entscheidungsgrundlage machen“, sagt Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

Aus Sicht der Wirtschaftsverbände ist es weder ökonomisch noch fachlich sinnvoll, hoch qualifizierte Prüfdienstleister von der Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuschließen. Nach den Vorgaben der CSRD sollten technische Prüfdienstleister von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkks) zugelassen werden. Voraussetzungen sind unter anderem eine Eignungsprüfung, Qualitätssicherungssysteme und kontinuierliche Fortbildungen. Entscheidende Kriterien sind die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Anbieter. Akkreditierungsstellen nehmen die Aufsicht und Qualitätskontrolle der Prüforganisationen wahr und gewährleisten damit ein hohes Niveau der Prüfdienstleistungen.

Weitere Informationen zur „Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten“ sind in einem Positionspapier des TÜV-Verbands abrufbar.