Abbau von Hierarchien gestaltet sich zäh

10 Aug

68 Prozent der Fach- und Führungskräfte glauben an die Beschleunigung von Entscheidungen durch flache Hierarchien – aber mit dem Abbau von Hierarchien tun sie sich schwer. Nur in 28 Prozent der Unternehmen und Behörden wurden in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich Ebenen reduziert. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie Potenzialanalyse Organisation x.0 von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Zwei von drei Unternehmen und Verwaltungen sehen sich unter Druck, sich organisatorisch zu verändern, so die Befragung von Fach- und Führungskräften. Ebenso viele sind überzeugt, deutlich schnellere Entscheidungen seien möglich, wenn es weniger hierarchisch zugehe. Ein radikaler organisatorischer Umbruch zur Basisdemokratie ist dennoch nicht zu erwarten, so die Studie, weil in Unternehmen und Behörden einige um den Status als Chef fürchten: Je nach Branche gehen bis zu 40 Prozent der Befragten davon aus, dass der Abbau von Hierarchien bei betroffenen Führungskräften zu einer Blockadehaltung führt.

Ein weiterer Grund für den eher zähen Abbau von Leitungspositionen liegt in den positiven Erfahrungen mit Hierarchien in heiklen Situationen. Gerade in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie oder bei existenzbedrohenden Lieferengpässen müssen unter Zeitdruck einschneidende Entscheidungen getroffen werden. Das Ziel, mit flachen Hierarchien bzw. dem Wegfall von Weisungsstrukturen besser und schneller zu entscheiden, wird in turbulenten und kritischen Lagen häufig nicht erreicht.

„Die aktuelle Situation zeigt, warum die Organisation eines Unternehmens oder einer Verwaltung nicht blind einer Managementmode folgen sollte, sondern als oberstes Ziel immer den Erhalt der Handlungsfähigkeit verfolgen muss“, sagt Urs M. Krämer, CEO von Sopra Steria. Die Kunst liege darin, eine gute Balance zwischen hierarchischen und kooperativen Elementen zu schaffen. Ein rein formales Abschaffen einer Chef-Mitarbeiter-Struktur und ideologisches Schwarz-Weiß-Denken führe schnell in eine Sackgasse.

Bei sachlicher Analyse wird schnell deutlich, wo das unbestreitbare Potenzial flacher Hierarchien liegt: Etwa in der Chance, Mitarbeitern mehr Entscheidungsmöglichkeiten und Platz für Innovationen und Kreativität zu geben oder im Wegfall sogenannter Stille-Post-Effekten, also der Verfälschung von Informationen durch die mehrfache Weitergabe in der Befehlskette. In weniger hierarchisch strukturierten Organisationen arbeiten Mitarbeiter zudem über Abteilungsgrenzen hinweg zusammen und denken im besten Fall nicht mehr innerhalb dieser Grenzen.

Über alle befragten Branchen hinweg macht das heute aber erst ein Viertel der Organisationen. „Die große Mehrheit besteht auf der Einhaltung des Instanzenzuges und bremst damit häufig die eigene Belegschaft aus“, so Urs M. Krämer. Allerdings lassen sich die Mitarbeitenden von den offiziellen Strukturen – so ein weiteres Ergebnis der Sopra-Steria-Studie – immer weniger beeindrucken. Sie organisieren die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg einfach informell.

Die Studie „Potenzialanalyse Organisation x.0“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut basiert auf einer Befragung unter 221 Führungskräften vorwigend aus den Branchenclustern Finanzdienstleistungen, verarbeitendes Gewerbe sowie öffentliche Verwaltung & Versorgungsunternehmen. Im April und Mai 2021 wurde danach gefragt, wie die Organisationen mit dem Veränderungsdruck umgehen und wie groß ihre Bereitschaft zur Neuorganisation ist.

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