Arbeitsschutz ohne Aufsicht?

1 Feb

Der DGB hat den aktuellen „Bericht über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2020“ der Bundesregierung ausgewertet und in Bezug auf die Arbeitsschutz-Überwachung eklatante Lücken festgestellt. Deutschland verfehle internationale Vorgaben erheblich.

Dem Bericht zufolge sind bundesweit 1.490 Aufsichtspersonen mit Arbeitsschutzaufgaben betraut. Rechnerisch kommen danach auf eine Aufsichtsperson 25.362 Beschäftigte. In einigen Bundesländern, z.B. in Bayern, beträgt das Verhältnis sogar 40.000 Beschäftigte auf eine Aufsichtsperson. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) empfiehlt eine Quote von maximal 10.000 Beschäftigten pro Aufsichtsperson. Die Zahl der staatlichen Arbeitsschutzkontrollen ging zuletzt von bundesweit auf 128.000 Besichtigungen deutlich zurück, zwei Jahre zuvor lag die Zahl noch bei 167.000.

Auch die Bundesregierung spricht mit Blick auf die vergangenen Kontrolltätigkeiten von einem „keinesfalls zufriedenstellenden Arbeitsschutzniveau“. Aufsichtsdienste müssten gestärkt und mehr „aktive Betriebsbesichtigungen“ angestrebt werden. Für den DGB kann eine Bankrotterklärung in der Arbeitsschutz-Überwachung kaum noch deutlicher ausfallen. Im Berichtsjahr sei rein statistisch alle vier Tage ein Bauarbeiter tödlich verunglückt. Auch die Zahl von insgesamt 77.115 meldepflichtigen Arbeitsunfällen von Januar bis September bewege sich auf einem erschreckend hohen Niveau.

Einen der Gründe für den starken Rückgang sieht der DGB in der Anweisung, Arbeitsschutzkontrollen vom heimischen Schreibtisch auszuführen. Wirksame Kontrollen der Arbeitsschutzbehörden könnten jedoch nur vor Ort im Betrieb stattfinden, da die Behörden erst dort ihre Beratungs- und Überwachungsaufgaben vollständig wahrnehmen können. Nicht alle Beschäftigten arbeiten vor Infektionsgefährdungen und tödlichen Arbeitsunfällen geschützt im häuslichen Bereich. Der Bedarf an wirksamen Kontrollen sei hoch.

Durch Einführung einer Mindestbesichtigungsquote im Arbeitsschutzgesetz soll schrittweise eine deutliche Steigerung bei den Betriebsbesichtigungen erreicht werden. Die 96. Arbeits- und Sozialministerkonferenz hatte 2019 die Einführung einer jährlichen Mindestbesichtigungsquote von fünf Prozent der im jeweiligen Land vorhandenen Betriebe einschließlich eines Zielkorridors bis 2026 einstimmig gebilligt und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebeten, die Absprachen gesetzlich zu fixieren.

Die Bundesregierung hat in Ende 2020 zwar das Arbeitsschutzkontrollgesetz verkündet, eine zügige Umsetzung liegt jedoch in den Händen der neuen Regierung. Es bedürfe eines schnellen und entschlossenen Handelns, so der DGB, um nicht der weiteren Erosion der Aufsichtstätigkeiten der Arbeitsschutzbehörden der Länder zusehen zu müssen.

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