Fehlerkultur Fehlanzeige

16 Mrz

Führungskräfte und Angestellte sind vom Wert einer positiven Fehlerkultur in den Unternehmen überzeugt. Dennoch zeigen sich erhebliche Versäumnisse – insbesondere was die Fehlerkompetenz und Vorbildfunktion der Vorgesetzten betrifft. So haben 64 Prozent der in einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung EY befragten Führungskräfte in den vergangenen beiden Jahren eigene Fehler gar nicht oder nur teilweise zugegeben. Besonders alarmierend ist der Wert in der Finanzbranche. Hier haben 82 Prozent der Führungskräfte ihre Fehlschläge vollständig oder teilweise unter den Teppich gekehrt.

„Der Hang, eigene Fehler zu verschweigen, ist umso gefährlicher, als Führungskräfte bei der Etablierung einer positiven Fehlerkultur eine Schlüsselrolle spielen“, mahnt Nelson Taapken, EY Partner im Bereich People Advisory Services. Eine positive Fehlerkultur bedeutet laut dem Experten für Transformation und Führung, dass Fehler proaktiv und konstruktiv gemanagt werden, anstatt sie zu verschweigen oder zu sanktionieren. Dies habe einen starken Einfluss auf die Profitabilität des Unternehmens, seine Innovationskraft und die Qualität der Produkte und Services.

Auch die Befragten wissen um die Bedeutung einer positiven Fehlerkultur und deren Förderung durch die Führungskräfte: Auf einer Skala von 1 bis 10 vergeben sie hohe Werte von 8,1 bis 9,3 für die Relevanz eines proaktiven und konstruktiven Umgangs mit Fehlern durch Vorgesetzte. Besonders relevant sind aus Sicht der Angestellten das Zugeben eigener Fehler (63 Prozent), das direkte Beheben von Fehlern (52 Prozent) sowie die Ermutigung zu regelmäßigem Austausch über Fehlschläge (49 Prozent).

Auch die Gefahr einer mangelnden Fehlerkultur ist den Befragten bewusst: Jeweils die Hälfte der Führungskräfte sorgt sich um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bzw. befürchtet, dass Fehler sich zu Skandalen ausweiten. 44 Prozent prophezeien eine Demotivation der Mitarbeitenden. Zudem geben die Befragten an, dass eine konstruktive Fehlerkultur als wichtig für die Attraktivität der Arbeitgeber angesehen wird, was in Zeiten des Fachkräftemangels an Bedeutung gewinnt.

Als Hindernisse für den konstruktiven Umgang mit Fehlern sehen Führungskräfte vor allem alte Gewohnheiten (50 Prozent), Angst vor Gesichtsverlust (48 Prozent) und fehlendes unternehmerisches Denken der Mitarbeiter (38 Prozent). Die Hauptgründe, aus denen Führungskräfte nicht zu ihren eigenen Fehler stehen: Sorge vor Karrierenachteilen (43 Prozent) und Angst vor Jobverlust (34 Prozent). Analysiert nach Branchen zeigt sich, dass die Sorge vor Karrierenachteilen insbesondere in der Finanzwirtschaft und der Fertigung hoch ist (jeweils 58 Prozent).

Moderne Arbeitsbedingungen (z.B. Hybrid Work und New Work) haben einen positiven Einfluss auf die Fehlerkultur im Unternehmen. Führungskräfte wie Angestellte erklären, dass sich die Fehlerkultur durch ihre Einführung verbessert habe. Allerdings: New Work ist in den untersuchten Unternehmen auch nach der ausgeprägten Diskussion in den Pandemiejahren nur sehr schwach ausgeprägt.

Um die Fehlerkultur im eigenen Unternehmen zu verbessern, wünscht sich die Hälfte der Befragten den intensiveren Einsatz innovativer und agiler Methoden bzw. ein Vergütungssystem, das Innovation fördert und Fehler nicht bestraft. Noch stärker gefragt sind von 53 Prozent der Befragten Innovationsprogramme, die Mitarbeitende ausdrücklich zum Ausprobieren und Experimentieren ermutigen. Ebenfalls gewünscht werden Trainings für Führungskräfte (48 Prozent) und Mitarbeitende (45 Prozent).

Zum Umgang mit Fehlern in ihrem Unternehmen wurden rund 1.000 Führungskräfte und Angestellte aus den Branchen Maschinenbau, Transport und Logistik, Automobilhersteller und -zulieferer sowie Banken und Versicherungen befragt. Durchgeführt wurde die Studie von EY in Kooperation mit der ESCP Business School und der Hochschule Hamm-Lippstadt. 800 Angestellte und 200 Führungskräfte aus den Branchen Maschinenbau, Transport und Logistik, Automobilhersteller und -zulieferer sowie Banken und Versicherungen haben teilgenommen. Durchgeführt wurde die Online-Umfrage im Oktober/November 2022.

Hier können Sie die Studie kostenlos bestellen.