Obwohl den globalen Exportunternehmen die Bedeutung der ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) und ihre Einhaltung für den Klimawandel bewusst ist, spielen sie nur eine Nebenrolle in der Geschäftsstrategie. Das macht der „Allianz Trade Global Survey“ des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade im Zuge seiner aktuellen Welthandelsstudie deutlich.
„ESG-Kriterien sind bei vielen Unternehmen bisher nicht Chefsache. Sie spielen, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle“, sagt Ana Boata, Head of Economic Research bei Allianz Trade. Das liege u.a. daran, dass Unternehmen aktuell viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten müssten – darunter die hohen Energie- und Transportkosten, Störungen von Lieferketten, höhere Finanzierungskosten und Fachkräftemangel. Allerdings hätte Unternehmen, die jetzt die Weichen für ein nachhaltigeres Handeln stellen, in Zukunft eine sehr gute Ausgangsposition, so Boata.
Um den grenzüberschreitenden Handel nachhaltiger zu machen, können die Exportunternehmen eigene Prozesse anpassen, etwa umweltfreundlichere Materialien einsetzen oder auf weniger umweltbelastende Verfahren umstellen. Oder sie können Geschäftspartner auswählen, die nachhaltig agieren. Letzteres ist bei den befragten Exporteuren bislang die Strategie der Wahl.
„Die Hälfte der befragten Unternehmen (Deutschland 47 Prozent) stellt lieber auf nachhaltigere Lieferanten um, als selbst Veränderungen in Richtung nachhaltiger Prozesse oder Produktionen anzustoßen“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nur gut ein Drittel (36 Prozent) der Exportunternehmen mussten ihre Preise erhöhen, um die CO2-Steuern auszugleichen. Dies zeige, dass diese noch zu niedrig seien, um einen Wandel in den Unternehmen auszulösen oder die Verkaufspreise in die Höhe zu treiben, so Bogarts.
Die Unternehmen zeigen sich noch relativ unbeeindruckt von den CO2-Steuern. Nur wenige sehen Nachhaltigkeit als großes Risiko für ihre Geschäftstätigkeit. Nur 18 Prozent der deutschen Exporteure rechnet generell damit, dass ESG-Kriterien ihr Geschäft 2022 stärker beeinflussen als bisher, rund die Hälfte (48 Prozent) erwartet gleichbleibende Auswirkungen und ein Viertel (25 Prozent) sieht die Herausforderung als geringer an als noch 2021.
Darüber hinaus zeigt die Allianz Trade Welthandelsstudie, dass ESG die globalen Handelsströme bis heute nicht verändert: Die meisten Befragten (74 Prozent) berücksichtigen bei der Auswahl ihrer Exportmärkte keine ESG-Aspekte. Nur 34 Prozent der Unternehmen in China, dem weltweit größten Exporteur, geben an, dass ESG-Grundsätze sie bei der Wahl ihrer Exportmärkte beeinflusst haben. In Deutschland waren es mit 33 Prozent auch nur ein Drittel der Exportunternehmen.
Allianz Trade hat für die „Allianz Trade Global Survey“ in zwei Umfragewellen zwischen Ende Januar und Ende März 2022 insgesamt 2.500 Unternehmen in den USA, China, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien zu ihren Exporterwartungen und Top-Risiken befragt. Die erste Umfragewelle fand vor der russischen Invasion in die Ukraine statt, die zweite nach der Invasion.