Nachholbedarf bei ESG-Ratings

2 Jun

Wie eine aktuelle Branchen-Umfrage von Horváth unter Industrieunternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und 100 Millionen Euro Jahresumsatz zeigt, hat aktuell erst jedes vierte Unternehmen eine objektive Bewertung seiner Nachhaltigkeitskriterien durchführen lassen. Dieses ESG-Rating ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum nachhaltigen Industrieunternehmen, da es Transparenz über den Ist-Zustand schafft.

„Die Industrie ist grundsätzlich von ESG-Ratings überzeugt. Die zögerliche Umsetzung ist eher mit den Kriegsfolgen zu erklären. In den vergangenen Monaten mussten die Unternehmen ihre Strukturen in Einkauf, Produktion, Vertrieb und Logistik erst einmal mit Fokus auf andere Parameter durchleuchten und optimieren“, so Daniel Kittelberger, Studienleiter und Industrieexperte für Automatisierungs-, Antriebs- und Elektrotechnik bei der Managementberatung Horváth. Den Willen zur Zertifizierung zeigt auch die Studie: 40 Prozent der Befragten planen, ein ESG-Rating spätestens 2023 umzusetzen.
Zwei Jahre später werden dann voraussichtlich 80 Prozent die Zertifizierung durchlaufen haben.

Lediglich ein Fünftel sieht gar keinen Anlass für eine ESG-Bewertung. „Von einigen wenigen Unternehmen werden ESG-Ratings noch als Bewertungsmaßstab rein für Investoren missverstanden. Dabei hat sich dieser Reporting-Standard längst zur allgemeinen Marktanforderung entwickelt, als Orientierungs- und Entscheidungshilfe für Kunden- und Partnerunternehmen“, so Kittelberger.

Bisher wird erst ein Drittel der Unternehmen entsprechend ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gesteuert. Ein Viertel hat immerhin ein konkretes Zielbild definiert, rund 30 Prozent befinden sich in der Vorphase des Messens und Abwägens, zwölf Prozent haben noch keinen Schritt hin zur systematischen „Green Transformation“ getan. „Angesichts der aktuellen Marktverwerfungen muss man aber sagen: Immerhin 60 Prozent sind schon so weit gekommen, dass sie ein konkretes Zielbild für eine nachhaltige Steuerung entwickelt und verabschiedet haben“, so Studienleiter Daniel Kittelberger von Horváth.

Nachhaltigkeit sei im produzierenden Gewerbe weder Pflichtaufgabe noch reines Lippenbekenntnis, sondern echte Überzeugung. Auch dafür liefert die Studien Indizien: So werden als Hauptmotivatoren für das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit der Reihenfolge nach Kundenanforderungen, der „Purpose“ des Unternehmens sowie die Markenwahrnehmung genannt. Erst danach folgen gesetzliche Vorgaben wie die EU-Taxonomie.

Als wichtigste Stellschraube, durch die Nachhaltigkeit erzielt werden soll, wird von den Teilnehmenden die Umstellung auf nachhaltige Lieferketten genannt, gefolgt von nachhaltiger Produktion und nachhaltigen Produkten an dritter Stelle. Mit deutlichem Abstand folgen Eigenproduktion nachhaltiger Energie und der Erwerb von CO2-Zertifikaten.

Für die Horváth-Studie „Nachhaltigkeit im produzierenden Gewerbe 2022 – ökonomische Potenziale der Green Transformation“ wurden Industrieunternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und 100 Millionen Euro Jahresumsatz aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Sie basiert auf einer Stichprobe von 35 repräsentativ nach Industriezweig und Größe ausgewählten Unternehmen.

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