Biodiversität erachten weltweit fast neun von zehn Entscheidungsträger in der Wirtschaft als wichtig für den Planeten. Doch steht der Schutz der biologischen Vielfalt weit unten auf den Agenden der Unternehmen, so die Studie ‚Preserving the fabric of life: why biodiversity loss is as urgent as climate change‘ des Capgemini Research Institute. Mehr als die Hälfte der befragten Manager weltweit sehen es nicht als Aufgabe der Privatunternehmen an, sich für biologische Vielfalt einzusetzen; sie müssten lediglich gesetzliche Bestimmungen zu ihrem Schutz umsetzen.
Bislang verfügen nur 24 Prozent der Unternehmen international – und 16 Prozent in Deutschland – über eine Biodiversitätsstrategie. Erst 16 Prozent haben die Auswirkungen ihrer Lieferkette auf die Biodiversität untersucht und 20 Prozent die Effekte ihrer Geschäftstätigkeit. Klimawandel und Verlust der biologischen Vielfalt sind eng miteinander verknüpft. Bei den meisten Organisationen liegt der Fokus derzeit auf Klimaschutzfragen – und die Mehrheit der Führungskräfte international (53 Prozent, nur 48 Prozent der deutschen) glaubt, dass Biodiversitätsschutz im Vergleich zur Dekarbonisierung eine geringere Priorität hat.
International ordnet fast die Hälfte der Entscheidungsträger (47 Prozent) den Verlust von Biodiversität nur als mittelfristiges Risiko für ihr Unternehmen ein; 30 Prozent sehen darin ein langfristiges Risiko, nur 17 Prozent ein unmittelbares Problem. Die Risikowahrnehmung unterscheidet sich von Land zu Land erheblich. In Deutschland halten nur 7 Prozent den Biodiversitätsverlust für ein unmittelbares Unternehmensrisiko; 39 Prozent sehen ihn als ein mittel- und 53 Prozent als langfristiges. Das Studienteam schätzt, dass die weltweiten Unternehmensinvestitionen in den Erhalt der biologischen Vielfalt weniger als fünf Prozent dessen betragen, was innerhalb der nächsten zehn Jahre benötigt wird, um Schäden an der biologischen Vielfalt der Ökosysteme auszugleichen.
Obwohl Organisationen sich zunehmend der katastrophalen Folgen des Verlusts der Artenvielfalt und damit verbundener Schädigungen der Ökosysteme bewusst sind, verfügt international nur ein Viertel der Unternehmen über eine Strategie zu ihrem Schutz. Australien (15 Prozent), Deutschland (16 Prozent), Kanada (17 Prozent) und Italien (18 Prozent) liegen dabei am weitesten zurück. Biodiversitätsstrategien können unterschiedlichste Initiativen wie die Entwicklung wissenschaftsbasierter Ziele, Investitionen in Kreislaufwirtschaft oder die Berücksichtigung von Umweltfolgen bei Investitionsentscheidungen umfassen. Aktuell fokussieren sie sich stärker auf die Erhaltung, Renaturierung und Sanierung an Land als auf Süßwasser- und Meeresprojekte.
Viele Unternehmen haben Artenschutzbelange zu einem integralen Bestandteil ihrer Lieferketten gemacht: Laut 58 Prozent der befragten Manager international und 62 Prozent der deutschen hat ihr Unternehmen den Code of Conduct für Lieferanten um Anforderung zum Schutz der Biodiversität erweitert. Etwa die Hälfte der Befragten erklärte, dass ihr Unternehmen in abholzungsfreie Lieferketten investiert und von seinen Lieferanten nachhaltige Waldbewirtschaftung einfordert. Im Branchenvergleich weist der Konsumgütersektor den höchsten Anteil (26 Prozent) an Unternehmen auf, die die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die biologische Vielfalt bereits evaluiert haben; der niedrigste Anteil (14 Prozent) findet sich im öffentlichen Sektor. In Bezug auf die Lieferketten gibt der Einzelhandel die höchste Quote abgeschlossener Folgenabschätzungen (26 Prozent) an, während die Land- und Forstwirtschaft diesbezüglich die niedrigste Quote (10 Prozent) aufweist.
Um erfolgreich gegen die Biodiversitätskrise anzugehen, sind Veränderungen in der Organisation, im Handeln und in der Unternehmenskultur erforderlich. Eine große Rolle spielt dabei die Einführung der Kreislaufwirtschaft. Fast zwei Drittel der Manager geben an, ihr Unternehmen habe bereits Praktiken der Kreislaufwirtschaft wie Recycling und Wiederverwendung implementiert. Recycling und die Wiederverwendung von Materialien reduzieren die Abfallmenge und somit die Umweltverschmutzung, die Ökosysteme in den Meeren sowie an Land zerstört und Wildtiere gefährdet. Sie verringern zudem die Notwendigkeit, Rohstoffe aus der Natur zu gewinnen. Darüber hinaus ergreift mehr als die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen, um negative Auswirkungen auf Landflächen und Gewässer zu reduzieren.
Zur Bewahrung von Biodiversität werden Lösungen mit künstlicher Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle einnehmen – neben Blockchain-Technologie und Sensoren, die zur Bestandsüberwachung und Lokalisierung unterschiedlicher Pflanzen- und Tierpopulationen beitragen. Der Einsatz von KI und Robotik kann beim Erfassen von Arten helfen und beobachtungsbedingte Störungen der lokalen Biodiversität minimieren. Auch synthetische Biologie wird zur Lösung einiger der größten Umweltgefahren wie Plastikverschmutzung und Chemikalienbelastung beitragen. Fast drei Viertel der befragten Manager international – in Deutschland fast zwei Drittel – sehen Digitaltechnologien als Schlüsselfaktoren für Maßnahmen ihrer Organisation zum Schutz der biologischen Vielfalt an.
Weitere Informationen sowie den vollständigen Report gibt es hier.