Mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union ist die geänderte Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) in Kraft getreten. Das bedeutet im Kern: Hersteller von Medizinprodukten erhalten bis zu vier Jahre mehr Zeit, um ihre Produkte auf die neue Medizinprodukteverordnung umzustellen.
Hintergrund sind drohende Engpässe bei Medizinprodukten, da bis zum zunächst vorgesehenen Termin im Mai 2024 nur ein Teil der bisher in der EU verfügbaren Medizinprodukte weiterhin eine Zulassung gehabt hätte. So waren im Oktober 2022 von rund 21.000 in der EU benötigten Zertifikaten erst etwa 1.900 auf die neue Verordnung ausgestellt.
Die MDR löst die zuvor gültige Medizinprodukterichtlinie (Medical Device Directive, MDD) ab und sieht unter anderem strengere Vorschriften für die Zulassung von Medizinprodukten vor. Ziel ist es, die Sicherheit von Medizinprodukten und damit von Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Die Länge der Übergangsfrist richtet sich nach der Risikoklasse. Im Einzelnen gelten folgende Fristen:
- 26. Mai 2026: Individuell angefertigte Medizinprodukte (Klasse III)
- 31. Dezember 2027: Risikoreichere Medizinprodukte (nicht freigestellte Implantate der Klasse IIb und Medizinprodukte der Klasse III)
- 31. Dezember 2028: Medizinprodukte mit geringem Risiko (Klasse IIa, Ir, Im, Is)
Hersteller von Medizinprodukten der MDR sollten trotz der längeren Übergangsfristen schon jetzt der MDR große Aufmerksamkeit schenken, empfiehlt Marc Engelhardt, Leiter des Zertifizierungsbüros für Medizinprodukten und In-Vitro-Diagnostika (IVD) bei TÜV Rheinland. „Um eine Verlängerung in Anspruch zu nehmen, müssen Hersteller nachweisen, dass sie bereits Schritte zur Umstellung auf die neuen Vorschriften unternommen haben“, erklärt Engelhardt.
So müssen Hersteller bis Mai 2024 einen Umstellungsplan vorlegen und sich bis September 2024 mit einer Benannten Stelle über die Umsetzung einigen. Dies gilt als Voraussetzung für die Verlängerung der Gültigkeit von Zertifikaten, die noch unter der bisherigen Richtlinie ausgestellt wurden. „Der Zulassungsprozess selbst hat sich durch die Verlängerung nicht verändert und ist nach wie vor zeitaufwendig“, sagt Engelhardt. „Mit den hohen Zulassungsstandards will die EU für eine höhere Sicherheit von Medizinprodukten sorgen.“
Zudem sollen nur solche Medizinprodukte von den verlängerten Fristen profitieren, die tatsächlich unter der MDR weiter vertrieben oder durch ein Nachfolgeprodukt ersetzt werden sollen. Bestandsprodukte, für die kein Konformitätsbewertungsverfahren nach der MDR eingeleitet wird, fallen nicht unter die neuen Vorgaben.