Wenn Krieg die Lieferkette stört

15 Mrz

Krieg in Europa hat niemand ernsthaft erwartet. Nun führen der russische Angriff auf die Ukraine, aber auch die Sanktionen des Westens zu erheblichen Störungen in den Lieferketten. Wie Unternehmen damit umgehen können und wie sie ihre Verträge absichern sollten, erklärt der Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Vergaberecht Wolfgang Heinze auf law-blog.de.

im Kriegsfall realisieren sich Risiken, die keine der Vertragsparteien bedacht und keine von ihnen zu verantworten hat. Um die Interessen beider Vertragsparteien in Ausgleich zu bringen, enthalten gute Verträge dafür eine sogenannte Force-Majeure-Klausel („Höhere-Gewalt-Klausel“). Wenn es sie nicht gibt, bietet das Gesetz Lösungen an. Sie sind allerdings mit Unsicherheiten behaftet; ob man sich als Vertragspartei wirklich rechtmäßig verhält, wird oft viel später ein Gericht entscheiden.

Bei unüberwindbaren Nachschubproblemen oder Störungen des eigenen Herstellungsprozesses, die nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen, kann sich ein Lieferant auf die sog. Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufen. Damit würde er von seiner primären Lieferpflicht frei, verliert aber auch seinen eigenen Zahlungsanspruch gegen seinen Kunden, § 326 Abs. 1 BGB. Die Berufung auf eine solche Unmöglichkeit der Leistung ist aber häufig, selbst wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, nicht die günstigste Lösung für einen Lieferanten.

Zweckmäßiger und interessengerechter kann der sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage sein (§ 313 BGB). Ob ein Gericht aber auf die Störung einer Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB erkennt und wie die Vertragsanpassung dann am Ende aussieht, ist wiederum unsicher. Vor allem bei größeren und langfristigen Vertragsbeziehungen ist daher die Aufnahme einer Force-Majeure-Klausel in den Vertrag sinnvoll. Da eine solche Klausel voraussetzt, dass die höhere Gewalt beim Vertragsschluss nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar war, lässt sie sich für bereits eingetretene Fälle nicht mehr vereinbaren. Für künftige, vor allem langfristige Geschäftsbeziehungen aber ist die Aufnahme einer solchen Klausel dringend zu empfehlen.

Eine Force-Majeure-Klausel, die die neue Realität berücksichtigt, legt eine Rechtsfolge zwischen den Parteien fest, die für mehr Rechtssicherheit und Verbindlichkeit sorgt als die nachträgliche Klärung über § 313 BGB. Die Parteien können die Vertragsauflösung auch an weitere Anforderungen und Stufen binden oder ergänzende Regelungen zu Sorgfaltspflichten in diesen Fällen vereinbaren. Was dabei zu beachten ist und wie eine Musterklausel aussehen kann, erläutert der Blogbeitrag ausführlich.

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