Data Analytics analysiert geopolitische Risiken

27 Okt

Wie die COVID 19-Pandemie gezeigt hat, wirken geopolitische Risiken und Risikomultiplikatoren abrupt und disruptiv und können eine Kaskade von Folgedisruptionen auslösen. Christian Hellwig und Michael Mueller (Deloitte) fordern in einem Fachbeitrag auf risknet.de, die Ansätze des Risikomanagements zu überdenken und geopolitische Risiken auf eine strategische Stufe mit allen anderen Geschäftsbereichen zu stellen.

„Geopolitische und geoökonomische Spannungen nehmen unter den Großmächten der Welt zu. Diese Spannungen stellen derzeit die dringendsten globalen Risiken dar“, stellte der Global Risk Report 2019 des Weltwirtschaftsforums fest. Sie sind Risiken in jüngster Zeit wieder als Hauptursachen und bestimmende Triebkräfte für Konflikte und Instabilität im System der internationalen Beziehungen in Erscheinung getreten.

Unternehmen folgen überwiegend dem „alten“ Risikomanagement-Paradigma, so Hellwig und Müller. Es geht davon aus, dass sich die Risikomanagementmethodik zentral auf nichtpolitische, d.h. finanzielle, marktbezogene und wirtschaftliche Indikatoren zur Definition der Risikoexponierung konzentrieren sollte. So modellieren und tracken solche Risikomanagementsysteme in erster Linie operationelle, reputationsrelevante, Marktpreis-, Ausfall- und Absatz-/Beschaffungsrisiken, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Geopolitische Risiken sind nur von Bedeutung, wenn sie eine unmittelbare Bedrohung darstelle.

Dieser Ansatz könne sich als ineffektiv erweisen, da er Komplexität und Langlebigkeit der Auswirkungen geopolitischer Schocks unterschätze. Es gelte, einen umfassenden strategischen Ansatz zu entwickeln und zu institutionalisieren, um deren negative Auswirkungen zu identifizieren, zu analysieren, zu verstehen, zu mitigieren und zu bewältigen. Dabei könnten geopolitische Risiken auch in wichtige Opportunitätsfenster verwandelt werden, indem beispielsweise neue Märkte erschlossen, alternative Investitionsszenarien aufgezeigt oder der geopolitische Wettbewerbsvorteil durch Wissensfortschritte und sachkundigere Entscheidungen gestärkt wird.

Die Perspektive jeder Organisation muss über den traditionellen, analytisch getriebenen geopolitischen Risikoansatz hinausgehen, der lediglich eine Liste der analysierten Ereignisse und eine Kategorisierung der daraus ableitbaren Risiken vorsieht. Geopolitische Risikoanalyse und -strategieentwicklung gelte es dringend in bestehende Risikomanagementsysteme zu integrieren, so dass beide Elemente zu einem Top-Level-Thema innerhalb einer Organisation erhoben werden, das von den Entscheidungsgremien gesteuert und strategisch mit jedem anderen Geschäftsbereich abgestimmt wird

Ein umfassender, interdisziplinärer Ansatz geht von einer realistischen Darstellung und Bewertung des Bedrohungs- und Chancenumfelds über verschiedene Zeitdimensionen hinweg aus. Darauf aufbauend muss die geopolitische Risikoberatung in der Lage sein, konkrete, praktische, aber situative (d.h. unternehmens- und branchenspezifische) Empfehlungen zu formulieren, die in Relation zu der Entwicklung und Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen, Unternehmens(investitions)strategien und Wertschöpfungsketten gestellt werden.

Dies wird hauptsächlich durch den Einsatz KI-basierter Datenanalyse-Tools erreicht, die innovative Algorithmen zur automatischen, computerbasierten Analyse und Darstellung der menschlichen Sprache (engl. Natural Language Processing) verwenden. So lassen sich Ideen und Meinungen, die in schriftlicher Sprache ausgedrückt werden, aufnehmen und Informationsbits nach Themengruppen clustern. Der fallspezifische Einsatz von Datenanalyse-Technologien ermöglicht eine langfristige, faktenbasierte Analyse zentraler geopolitischer Risikotreiber (wie z.B. Trends und Veränderungsfaktoren) im Einklang mit menschlicher Erfahrung und Intuition.

KI-basierte Datenanalysen können in einem geopolitischen Risikomanagement-Rahmenwerk in mehreren Stufen eingesetzt werden. Sie tragen dazu bei, geopolitische Ereignisse und Krisen tiefgründig zu verstehen und Akteure durch diese hindurch zu navigieren, um so widerstandsfähigere Geschäftsmodelle, Anlageportfolios und Wertschöpfungsketten aufzubauen. In Bezug auf geopolitische Risiken empfiehlt es sich, fortschrittliche technologische Instrumente und KI einzusetzen, um deren Gesamtmanagement und Mitigierung als Teil eines siebenstufigen geopolitischen Risikomanagement-Frameworks zu erleichtern.

Den kompletten Text finden Sie hier.