Mit dem Lieferkettengesetz steht deutschen Unternehmern die nächste große Herausforderung ins Haus. Zu dieser Einschätzung kommt eine Onlinebefragung der HypoVereinsbank in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut. Danach sind sich die Top-Entscheider weitgehend einig: Die Themen Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung werden an keinem Unternehmen spurlos vorübergehen.
Nicht nur die erhöhten Aufwände für Dokumentation und Administration, die einen Rattenschwanz an Maßnahmen nach sich ziehen werden, sind den meisten bewusst. Auch die erwartete Verschärfung des Wettbewerbs bereitet jedem Vierten Kopfzerbrechen. Und das, obwohl es demnächst ein entsprechendes Gesetz in der gesamten EU geben soll, um deutsche Unternehmen davor zu schützen.
Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten – kurz Lieferkettengesetz – verpflichtet deutsche Unternehmen dazu, entlang der gesamten Lieferkette für die Wahrung von Menschenrechten und die Einhaltung humaner Arbeitsbedingungen zu sorgen. Über die wirtschaftlichen Folgen gehen die Meinungen auseinander. Vor allem das produzierende Gewerbe äußert sich hierzu eher pessimistisch. Die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen hat aber erkannt, dass sie um eine Beschäftigung mit dem Lieferkettengesetz und dessen Konsequenzen nicht mehr herumkommen – ganz egal wie groß das Unternehmen ist.
So hat das Lieferkettenmanagement bei der Mehrheit der Befragten einen hohen strategischen Stellenwert und wird meist auf Führungsebene des Einkaufs, der Finanzabteilung oder speziell etablierter Expertenteams, wie beispielsweise dem Supply-Chain-Management, betreut. Nur wenige halten es allerdings für notwendig, einen eigenen Verantwortungsbereich für das Thema zu etablieren.
Um die Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen, müssen die meisten ihre Geschäftsprozesse unter die Lupe nehmen und gegebenenfalls neu justieren. Allein der erhöhte Aufwand für die laufende Berichterstattung und die veränderte vertragliche Beziehung zu den Lieferanten, aber auch das komplexere Risikomanagement könnten kleineren Betriebe Probleme machen. 7 von 10 befragten Entscheidern befürchten, dass die Überwachung der gesamten Lieferkette den Mittelstand überfordern werde.
Trotzdem sehen viele Befragte das Gesetz nicht nur negativ. Vor allem Covid-19 hat vielen Organisationen die Augen geöffnet und ihre Verantwortung für alle Beteiligten in der Lieferkette deutlich gemacht. Die wichtigste Erkenntnis: Das Engagement für bessere soziale Bedingungen fällt letztendlich auf sie selbst und die Qualität ihrer Produkte positiv zurück. Viele haben deshalb bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes Präventionsmaßnahmen definiert, wie beispielsweise Codes of Conduct. Deren Einhaltung wird meist vom Auftraggeber selbst oder von beauftragten Dienstleistern regelmäßig überprüft.