Krieg verändert Welthandelsströme

29 Mrz

Russlands Überfall auf die Ukraine ist dabei, die Welthandelsströme deutlich zu verändern. Damit beschäftigt sich der IW-Kurzbericht 27. Russland wird von den Logistiknetzen abgekoppelt und zahlreiche Lieferketten müssen umgelenkt werden. Die Folgen belasten die Logistikbranche stark – von drastisch steigenden Charterraten für Tanker bis hin zu möglichen Versorgungsengpässen, wenn ukrainische Lkw-Fahrer ihre Arbeitsplätze verlassen, um ihre Heimat zu verteidigen. Betroffen sind alle Verkehrsträger, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.

Die Folgen sind dabei nicht auf das Kriegsgebiet beschränkt, sondern wirken sich global aus. Über alle Verkehrsträger hinweg gibt es zwei wiederkehrende Aspekte. Zum einen ist Russland praktisch über Nacht zum meist sanktionierten Land der Welt geworden. Mehr als 5.500 Sanktionen sind inzwischen in Kraft. Damit ist die Zahl der von Logistikern im Zusammenhang mit Russland zu beachtenden Regeln enorm gestiegen. Transporte nach oder über Russland können fast nur über Einzelabfertigungen erfolgen.

Allerdings ist die Nachfrage nach solchen Transporten gesunken. Wichtige Logistikunternehmen koppeln das Land von den bestehenden Logistiknetzen ab. Zeitgleich ziehen sich die bisherigen Verlader aus dem Russlandgeschäft zurück und müssen viele Lieferketten neu ausrichten.

Diese Gemengelage betrifft die einzelnen Verkehrsträger unterschiedlich. Vor dem Krieg boomte gerade der Containerverkehr mit hochwertigeren Gütern auf dem Schienenweg. Jetzt fallen viele der bisher transportierten Güter unter die Sanktionsregeln. Zudem weigern sich viele Logistiker und Verlader, mit der russischen Staatsbahn Geschäfte zu machen, sodass eine Buchung von Verkehren derzeit kaum möglich ist, auch wenn der Schienentransit über Belarus läuft und damit nicht direkt durch Kriegshandlungen bedroht ist.

Im Luftverkehr sind vor allem steigende Preise zu erwarten. So ist der russische Luftraum für Flugzeuge vieler Staaten gesperrt und muss umflogen werden. Das sorgt etwa auf der Strecke Frankfurt – Tokio für einen Umweg von mehr als 1.000 Kilometern mit entsprechend höherem Spritverbrauch, wodurch auch mit steigenden Kerosinpreisen zu rechnen ist.

Die Masse der Welthandelsströme werden per Schiff abgewickelt. Das direkt vom Krieg betroffene Schwarze Meer liegt eher am Rand der Hauptschifffahrtsrouten, auch wenn es eine der wichtigsten Verladeregionen für Weizen ist und auch über Verladeterminals für russisches Öl verfügt. Dennoch sitzen seit Kriegsbeginn über 100 Schiffe in Häfen der beiden Kriegsparteien fest und es wurden auch schon Frachter beschossen.

Gravierender sind die Folgen des Rückzugs der meisten großen Logistikunternehmen, die schon in allen russischen Häfen spürbar sind. Bereits im Februar verzeichnete das Kieler Institut für Weltwirtschaft einen Rückgang über den Hafen von Sankt Petersburg um 17 Prozent. Dieser Effekt verstärkt sich in der ersten Märzwoche deutlich. Über alle russischen Häfen wurde ein Rückgang der in Russland angelandeten Waren gegenüber der letzten Woche vor Kriegsbeginn von 40 Prozent gemeldet (Trans-info, 2022).

Da der Straßengüterverkehr vor allem auf kürzeren Distanzen genutzt wird, ist er von Sanktionsregeln und dem Streichen von Verbindungen weniger betroffen. Schwer getroffen wird er hingegen von den sehr hohen Dieselpreisen. Von bereits hohem Niveau ausgehend stieg der deutsche Preis für Dieselkraftstoff in nur zwei Wochen um gut 65 Cent oder 40 Prozent an.

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