Accenture: Neuerfindung der Lieferketten nötig

24 Mai

Die Herausforderungen in den Lieferketten durch die COVID-19-Pandemie und den Ukrainekrieg könnten bis 2023 zu einem kumulierten Verlust von 920 Milliarden Euro beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone führen. Das behauptet eine vom Beratungsunternehmen Accenture (NYSE: ACN) veröffentlichte Studie. Sie kommt zu dem Schluss, dass Lieferketten neu erfunden werden müssen, um dem Paradigmenwechsel gerecht zu werden.

Der potenzielle Verlust entspricht 7,7 Prozent des (IP)der Eurozone im Jahr 2023. Der Studie zufolge kosteten Lieferketten-Störungen durch COVID-19 die Volkswirtschaften der Eurozone im Jahr 2021 rund 112,7 Milliarden Euro an verlorenem BIP. Schon vor dem Krieg untergruben Materialmangel, Störungen in der Logistik und Inflationsdruck die wirtschaftliche Erholung in Europa, wobei die wiederauflebende Nachfrage und die vorsorgliche Hortung von Produkten die Lieferketten überforderten.

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Situation verschärft. Die Halbleiterknappheit, die sich in der zweiten Jahreshälfte 2022 auflösen sollte, dürfte nun bis ins Jahr 2023 andauern. Ein langwieriger Krieg könnte weitere 318 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 602 Milliarden Euro im Jahr 2023 kosten. Die Inflation könnte im Jahr 2022 bis zu 7,8 Prozent betragen, bevor sie 2023 zurückgeht.

Die Lösung der Lieferkettenprobleme wird für die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum Europas entscheidend sein. Laut Studie hängen bis zu 30 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Eurozone von funktionierenden grenzüberschreitenden Lieferketten ab, entweder zur Materialbeschaffung oder als Zielort für die Produktion. Die Studie legt nahe, dass Lieferketten neu erfunden werden müssen, um einem Paradigmenwechsel gerecht zu werden. Sie wurden in erster Linie zur Kostenoptimierung konzipiert. Heute müssen sie zudem widerstandsfähig und flexibel sein, um aufzunehmende Versorgungsunsicherheiten reagieren zu können. Gleichzeitig werden sie zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil, um künftiges Wachstum zu ermöglichen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den drei Schlüsselbereichen Widerstandsfähigkeit, Relevanz: und Nachhaltigkeit.

„Transparenz in den Versorgungsnetzwerken, einschließlich der Tier-2- und Tier-3-Lieferanten, ist von entscheidender Bedeutung“, so Kris Timmermans, Leiter des Bereichs Supply Chain & Operations bei Accenture. Unternehmen müssten von einem Just-in-Time- zu einem Just-in-Case-Ansatz übergehen, indem sie ihre Lieferbasis diversifizieren, alternative Frachtrouten planen, ihre Vertriebszentren flexibel gestalten und Lagerbestände aufbauen. Das habe seinen Preis, aber es sei eine Art ‚Versicherung‘ gegen zukünftige Schocks. Der Schlüssel dazu sind Investitionen in neue Technologien zur besseren Nutzung von Daten – von digitalen Zwillingen und Analysen bis hin zu Lieferketten-Kontrollinstanzen – sowie in das Cloud Continuum, das enorme Rechenleistung auf kostengünstige, flexible und nachhaltige Weise bereitstellt.“

Die Studie hebt auch zwei tiefgreifendere und längerfristige Herausforderungen hervor: zum einen die Energiesicherheit, da die europäischen Volkswirtschaften ihre starke Abhängigkeit von Öl- und Gaslieferungen angehen und gleichzeitig ihre Netto-Null-Agenda beschleunigen müssen Zum anderen das Ungleichgewicht der verfügbaren Talente, das sich aus der alternden Bevölkerung, veränderten Erwartungen der Arbeitnehmenden sowie sich wandelnden Anforderungen an Fähigkeiten ergibt.

Der Bericht „From Disruption to Reinvention – The future of supply chain in Europe“ von Accenture basiert auf einer Studie, die in Zusammenarbeit mit Oxford Economics durchgeführt wurde. Die Analyse bezieht sich auf die Eurozone. Die Studie untersucht drei mögliche Szenarien, wie sich der Krieg im kommenden Jahr entwickeln könnte, und modelliert die Auswirkungen jedes Szenarios auf die wichtigsten europäischen Volkswirtschaften.

Quelle
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