Klimarisiken der Banken

3 Dez

Europäische Banken müssen künftig Risiken des Klimawandels in die Stresstests zu ihrem Eigenkapital einbeziehen. Aufgrund stark erhöhter Kreditausfall-Wahrscheinlichkeiten mehrerer Branchen müssen sie sich auf sinkende Eigenkapitalquoten einstellen. Wissenschaftler der TU München haben dafür in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) eine neue Methode entwickelt.

Der Klimawandel kann Unternehmen viel Vermögen kosten, nicht nur durch unmittelbare Schäden wie bei Unwettern, sondern auch durch transitorische Risiken wie steigende CO2-Preise und langfristig niedrigere Wertschöpfung. In einer Fallstudie haben die Wissenschaftler der TU München Szenarien einer CO2-Bepreisung analysiert. Das Modell kann Banken helfen, sich auf Risiken vorzubereiten. Die Methodik kann für verschiedene Anwendungsfälle ausgestaltet werden, in zwei Fallstudien wurde es auf eine Bank und zwei Fonds angewandt.

Die Basis des Modells bilden eine Definition transitorischer Klimarisiken, orientiert an anerkannten Prognosen wie den Shared Socioeconomic Pathways (SSP), daraus abgeleitete makroökonomische Analysen für Staaten und Branchen und der CO2-Fußabdruck von Unternehmen. Auf dieser Grundlage hat das Forschungsteam rund 400 Unternehmen untersucht, die im Aktienindex Euro STOXX 600 gelistet sind, und vier Szenarien errechnet, die sich durch verschiedene Werte bei der Bepreisung von CO2 (50 oder 100 Euro pro Tonne), bei der Fähigkeit der Unternehmen, CO2-Emissionen zu reduzieren sowie bei der Weitergabe der Kosten an die Verbraucher unterscheiden. Alle Szenarien gehen von einer abrupten Einführung einer Steuer auf CO2 aus.

Die Analyse zeigt: In allen Szenarien hätten rund 10 Prozent der untersuchten Unternehmen eine Abwertung ihres Vermögens um mehr als 15 Prozent zu verzeichnen, im ungünstigen Szenario hätten 6 Prozent der Unternehmen einen Vermögensverlust von mehr als 30 Prozent zu befürchten. Betrachtet man verschiedene Branchen, hätten die sechs am stärksten betroffenen Sektoren Vermögensabwertungen zwischen rund 15 Prozent und rund 36 Prozent zu erwarten.

Mit diesen Ergebnissen unterzogen die Forscher eine große europäische Bank einem Stresstest. Er zeigt, dass sie je nach Szenario mit einem Rückgang des sogenannten harten Kernkapitals (CET1) zwischen 0,1 und 1,2 Prozentpunkten rechnen müsste. Die Kernkapitalquote (Tier 1) würde zwischen 0,1 und 1,3 Prozentpunkten sinken, die Gesamtkapitalquote wäre zwischen 0,2 und 1,6 Prozentpunkten geschmälert. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Kernkapitalquote europäischer Banken lag Ende 2020 bei 15 Prozent, sodass die untersuchten Szenarien Rückgänge zwischen einem und fast zehn Prozent bedeuten würden.

In einem zweiten Stresstest berechnete das Forschungsteam die Auswirkungen der Vermögensabwertungen der Unternehmen auf einen Aktienfonds mit Euro-STOXX-600- Unternehmen und auf einen Mischfonds. Je nach Szenario müsste der Aktienfonds einen Verlust von 2,3 Prozent bis 9,1 Prozent hinnehmen, der Mischfonds einen Verlust von 1,2 Prozent bis 3,5 Prozent.

„Mit dieser Studie wollen wir uns an die Spitze der Entwicklung stellen und für Praktiker wie Wissenschaftler wichtige Impulse zum Umgang mit Klimarisiken liefern“, erläutert der Vorstandsvorsitzende von FIRM, Gerold Grasshoff.

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