Der Klimawandel bleibt vielfach noch ohne echte Konsequenz für die Geschäftsmodelle deutscher Unternehmen: Trotz Pandemie und jüngster Umweltkatastrophen sieht der überwiegende Teil der deutschen Vorstände und Führungskräfte Nachhaltigkeit immer noch vorrangig als Reputationsrisiko an. Das geht aus einer internationalen Umfrage der Personalberatung Russell Reynolds Associates hervor.
Nachhaltigkeit gilt als Thema, das es zu managen gilt, nicht als Hebel zur Wertschöpfung, der Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnet, profitabel zu wachsen. 46 Prozent der befragten deutschen Vorstände geben an, Nachhaltigkeitsmaßnahmen aus Marketingerwägungen zu treffen, um als gesellschaftlich verantwortlich zu gelten und sich so vom Wettbewerb abzusetzen. Nur 15 Prozent sagen, zusätzliche Wertschöpfung sei die treibende Kraft ihrer Nachhaltigkeitsstrategie.
Die Studie belegt, dass nur jeder vierte befragte Vorstand in Deutschland selbst der Auffassung ist, sein Unternehmen verfüge über eine Nachhaltigkeitsstrategie, die klar kommuniziert und umgesetzt wird. Weniger als jeder Dritte (31 Prozent) meint, dass sich ihr CEO persönlich für die Förderung der Nachhaltigkeit einsetze.
Im internationalen Vergleich sind in Deutschland gerade jüngere Führungskräfte vergleichsweise wenig mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt. So hatten in den vergangenen drei Jahren nur 26 Prozent der deutschen Nachwuchsführungskräfte drei oder mehr Aufgaben mit Nachhaltigkeitsbezug – gegenüber 40 Prozent ihrer Altersgruppe im weltweiten Vergleich.
„Fast alle Führungskräfte, mit denen wir sprachen, wollen zum Aufbau einer besseren Welt beitragen. Doch … wissen viele nicht, wie sie ihren guten Willen in konkrete und nicht nur für das Image wirksame Maßnahmen umsetzen sollen,” sagt Max von der Planitz, Berater bei Russell Reynolds Associates. „Den Umbau zu nachhaltigem Wirtschaften sehen gerade Führungskräfte in Deutschland als eine der größten Aufgaben der nächsten zehn Jahre, auf die sich aber viele nicht ausreichend vorbereitet fühlen. Schließlich muss für diesen Umbau häufig nicht weniger als ein neues Geschäftsmodell entwickelt werden – mit dem entsprechenden Risiko.“
Dabei stimmen Management und Arbeitnehmer in Deutschland laut der Studie im Vergleich zum Ausland auffällig stark darin überein, dass Klimawandel und Umweltzerstörung die größten Bedrohungen für die Gesellschaft darstellen. Einigkeit herrscht auch in der Einschätzung, dass Pandemie und Fachkräftemangel die wichtigsten den Arbeitsplatz betreffenden Themen sind.
Für die Studie hatte die Personalberatung 9.500 Vorstände, Nachwuchsführungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in elf Ländern (Kanada, USA, UK, Frankreich, Spanien, Deutschland, Australien, China, Brasilien, Indien und Mexiko) befragt. In Deutschland waren 658 Mitarbeiter:Iinnen und Nachwuchsführungskräfte sowie 89 Vorstände beteiligt.