Ganzheitlich integriertes Supply Chain Risk Management ist noch eine Seltenheit. Die wenigsten Unternehmen verfügen über Maßnahmenpläne für den Fall plötzlicher Unterbrechungen in ihrer Lieferkette, obwohl Versorgungsengpässe regelmäßig Schäden in Millionenhöhe verursachen. Das zeigt die Studie „Supply Chain Risk Management – Herausforderungen und Status quo“, über die risknet.de berichtet. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und riskmethods, ein Marktführer im Bereich Supply Chain Risk Management, haben sie zum zweiten Mal durchgeführt.
Die Mehrheit der befragten Firmen (77 Prozent) erlebten in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Unterbrechung in der Lieferkette. 37 Prozent berichten von mehr als fünf Störungen, die den Geschäftsablauf beeinträchtigt haben – eine Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jede fünfte Lieferkettenunterbrechung hatte bis zu einer Million Euro und mehr Schaden zur Folge. Trotzdem verfügen erst 24 Prozent (Vorjahr: 20 Prozent) der Unternehmen über systematische Maßnahmenpläne zur Krisenreaktion.
Die wenigsten Unternehmen messen überhaupt den finanziellen Schaden, der durch die Unterbrechung der Lieferkette oder den Ausfall eines Lieferanten entsteht. Nur sieben Prozent bewerten strukturiert Bewertung die Auswirkungen eines Schadens auf Umsatz oder Ergebnis.
Risikomonitoring beschränkt sich meist auf direkte Lieferanten, obwohl Störungen immer häufiger von Sublieferanten verursacht werden. Das meldet inzwischen jedes zweite Unternehmen, 24 Prozent mehr als im Vorjahr. Lediglich 18 Prozent der Befragten überwachen die Sub-Lieferanten. Andere Ursachen von Störungen liegen bei den eigenen Produktionsstätten (28 Prozent) oder logistischen Knotenpunkte wie Häfen oder Flughäfen (20 Prozent).
Überwiegend erfolgt die Risikoüberwachung im Rahmen der Lieferantenanalyse und -bewertung. Indikatoren wie Qualität und Performance (88 Prozent) sowie Finanzkennzahlen und Bonitäten (81 Prozent) stehen dabei im Vordergrund. Frühindikatoren und Veränderungen beim Lieferanten, wie zum Beispiel Managementwechsel oder veränderte Wachstumsprognosen, hat dagegen nur die Hälfte der Unternehmen kontinuierlich auf dem Radar. Cyber-Risiken überwachen gerade einmal 11 Prozent.
„Eine umfassende Rundumsicht sollte nicht nur Einzelinformationen über Lieferanten zusammenführen, sondern auch globale Länder- und Standortrisiken überwachen“, fordert Heiko Schwarz, einer der Gründer und Geschäftsführer von riskmethods. Nur rund ein Drittel der Befragten kümmere sich darum, obwohl Unterbrechungen und Standortrisiken, etwa Naturkatastrophen, Streiks, Brände und Explosionen an Standorten oder Logistikknotenpunkten, oftmals gleich mehrere Lieferanten betreffen.
Eine durchgängige Risikoüberwachung erfordert es, enorme Datenmengen aus dem Internet und aus Datenbanken in Echtzeit auszuwerten. Die meisten Unternehmen lassen die Chancen verfügbarer digitaler Risikomanagement-Lösungen ungenutzt. Nur 34 Prozent der Unternehmen überwachen ihre Risiken automatisiert, 59 Prozent behelfen sich manuell mit Excel-Tabellen oder dem Monitoring von Finanzkennzahlen.
Kein Wunder, dass nur 30 Prozent der Befragten die verfügbaren Risikoinformationen kontinuierlich aktualisieren. Dabei wären automatisierte Systeme in der Lage, anfallende Daten in Echtzeit zu analysieren, auf Relevanz zu filtern und alle Nutzer rund um die Uhr auf dem Laufenden zu halten.