Corona-Krise verschiebt Unternehmensprioritäten

13 Jul

Top-Entscheider stellen sich darauf ein, auch in der Nach-Corona-Zeit noch lange im Krisenmodus zu agieren. In besonders stark betroffene Branchen beschleunigt die Krise eingeleitete Transformationen. Das Thema Nachhaltigkeit dagegen rutscht in der Management-Agenda weit nach unten, so eine Umfrage der Managementberatung Horváth & Partners.

Auch im zweiten Halbjahr erwarten die Unternehmenslenker ein Minus in den Büchern: Im Schnitt soll es 2020 acht Prozent weniger Erlöse geben als im Vorjahr, 2021 gar ein Minus von zwei Prozent gegenüber 2020. Nicht vor 2022 wird mit dem Wiedererreichen des Vorkrisenniveaus gerechnet. Am stärksten betroffen sind die Automobilindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau, der Öl- und Chemiebereich sowie die Transport-, Reise- und Logistikbranche.

Auch im Krisenmodus bleibt die Digitalisierung des Geschäfts und der Abläufe die Top-Priorität. Für 62 Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer ist sie „sehr wichtig“, weiteren 30 Prozent „wichtig“ – und das branchenübergreifend. „Es überwiegt die langfristige strategische Sicht auf die Chancen der Digitalisierung gegenüber kurzfristigen Krisenreaktionen“, erklärte Ralf Sauter, Partner im Bereich Industrial Goods & High Tech bei Horváth & Partners. Allerdings würden die Prioritäten für die Digitalisierungsprojekte nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten neu festgelegt.

An zweiter Stelle steht die Kosten- und Ergebnisstruktur: Für 45 Prozent der Befragten hat sie angesichts der wirtschaftlichen Talfahrt eine hohe Bedeutung, in der Automobilbranche sogar oberste Priorität. Für 35 Prozent sind die Beschäftigten sehr wichtig, das Thema steht an dritter Stelle der Prioritätenliste. Investitionen in die Mitarbeiter müssen auch in angespannten Situationen Priorität haben – das haben die Unternehmen aus der Wirtschaftskrise 2008 gelernt.

Auch hier geht es um Effizienz: Das Homeoffice ermöglicht Einsparungen bei den Kosten für Büros. Außerdem fallen Reisekosten weg, seit Meetings und Geschäftstermine zunehmend virtuell organisiert werden. Aber Kosteneffizienz ist nicht alles. Remote Work hat die Zusammenarbeit verändert, die positiven Ansätze gilt es auszubauen und in nachhaltige Vorteile umzuwandeln. Neue Arbeitsformen nehmen auch dem Kampf um Fachkräfte seine Schärfe und eröffnen Firmen in ländlichen Gegenden mehr Chancen, da mehr virtuell zusammengearbeitet wird.

42 Prozent der Befragten legen sehr großen Wert darauf, den Liquiditätsspielraum nicht nur kurzfristig zu verbessern. „Kaum einer rechnet mehr mit einem V-förmigen Verlauf der Krise. Ein U, möglicherweise sogar ausgedehnt zur Form einer Badewanne halten die Befragten für wahrscheinlicher. Deshalb arbeiten Firmenlenker weltweit an der Stabilität des Unternehmens“, sagt Ralf Sauter. Laut Umfrage findet es ein Drittel sehr wichtig, die Krise für eine Neuausrichtung der Strategie und des Geschäftsmodells zu nutzen.

Nachhaltigkeit steht dagegen nur für ein Viertel der Unternehmenslenker in den oberen Rängen ihrer Prioritätenliste. Die Verwerfungen der Corona-Krise und der unsichere Ausblick haben das Thema verdrängt. „Die wirtschaftlichen Herausforderungen führen dazu, dass hier aktuell weniger investiert wird. In der Krise geht die Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze vor“, so Sauter.

An der CxO-Umfrage 2020 von Horváth & Partners haben im Mai und Juni 212 Geschäftsführer und Vorstände global agierender Unternehmen teilgenommen. 50 Prozent von ihnen arbeiten in Großunternehmen mit 1.000 bis 10.000 Beschäftigten.

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