Die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) signalisierten bei ihrer gemeinsamen Reise durch Äthiopien nach Medienberichten, dass sie ein Lieferkettengesetz wollen, und zwar so schnell wie möglich. Die derzeit laufende Erhebung bei deutschen Unternehmen läuft in ihren Augen offenbar nicht zufriedenstellend. Und auf Freiwilligkeit setzen sie nicht mehr.
Das sogenannte Lieferkettengesetz soll festlegen, dass deutsche Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten die Menschenrechte weltweit respektieren. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Lieferanten im Ausland soziale und ökologische Mindeststandards einhalten. Armutslöhne, gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit dürfen sie nicht dulden.
Erste Ergebnisse einer der Umfrage unter deutschen Unternehmen, ob sie die geforderten Standards einhalten, sollen am zehnten Dezember vorliegen. Wie es scheint, war das die Mitwirkung der Wirtschaft daran nicht befriedend. Eigentlich soll erst nach einer zweiten Umfrage 2020 entschieden werden. Aber die Aussagen der beiden Koalitionspolitiker klangen nicht danach, dass sie so lange warten wollen.
Heil und Müller äußerten Zweifel an der Verlässlichkeit der Selbsteinschätzung der Firmen. „Wenn die Ergebnisse dieses Monitorings nicht befriedigend sind, dann werden wir gemeinsam, der Bundesentwicklungsminister und ich als Arbeitsminister, Eckpunkte vorlegen für eine gesetzliche Verpflichtung deutscher Unternehmen, auf Menschenrechte in Lieferketten zu achten“, sagt Heil.
An die im Moment geltende freiwillige Selbstverpflichtung für die deutsche Wirtschaft glauben wohl beide nicht. Müllers 2014 gegründeten Bündnis für nachhaltige Textilien gehören 75 deutsche Unternehmen an – umsatzmäßig etwa die Hälfte des deutschen Textilmarktes. Aber seither sind es nicht mehr geworden. „Beim Textilbündnis machen 50 Prozent freiwillig mit, aber 50 Prozent nicht, und deshalb kommen wir jetzt an den Punkt, ein Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen“, zitiert die Tagesschau Müller. Die beiden Minister, heißt es, wollten „ein Gesetz so schnell wie möglich“.
Zurück in Berlin werden sich die Äthiopienreisenden mit dem Bundeswirtschaftsminister auseinandersetzen müssen. Der lehnt ein solches Gesetz ab und hat einen Großteil der Wirtschaft an seiner Seite. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sagt dem Westfalen-Blatt, deutsche Unternehmen täten deutlich mehr für faire und transparente Lieferketten als die meisten internationalen Wettbewerber.
Der Staat dürfe der Wirtschaft keine Rechts- und Haftungspflichten für das Verhalten Dritter auferlegen, die er selbst nicht zu kontrollieren in der Lage wäre. „Das ist ungerecht und führt eher zu einem Zusammenbruch globaler Lieferketten. Das kann weder im Interesse der deutschen Wirtschaft noch einer nachhaltigen Politik sein.“
Nach der Auswertung der laufenden Befragung, davon gibt sich Kampeter überzeugt, werde ein Lieferkettengesetz nicht kommen.