ISO 45001: Gesundheitsschutz rückt in den Fokus

29 Jul

Ein global anerkanntes Arbeitsschutzmanagementsystem hilft, sich als Arbeitgeber besser zu positionieren

„Gesundheitsschutz ist ein Bereich, der immer wichtiger wird, und dieser lässt sich mit der ISO 45001 sehr gut steuern“, sagt Stephan Köchling, ehemaliger Senior Consultant Managementsysteme TÜV Rheinland Consulting und Herausgeber des Loseblattwerks Arbeitsschutz besser managen“ im Gespräch mit QM News. Dieser Standard könnte helfen, so hofft er, zwei gerade in Deutschland häufig „künstlich“ getrennte Aspekte zusammenzuführen: die Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.

„Das Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) nach ISO 45001 ist mehr als ein reines Arbeitssicherheitssystem“, betont Köchling, es gehe nicht um reine Unfallverhütung. Deshalb spreche die neue internationale Norm immer von „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ in einem Atemzug. Im deutschen Recht wie auch international stehe der Begriff Arbeitsschutz immer für Arbeitssicherheit plus Gesundheitsschutz. In der Praxis kultivierten besonders in Deutschland viele Unternehmen eine Parallelwelt, getrieben durch die verschiedenen initiierenden Akteure: Das Arbeitsschutzmanagement beschäftige sich mit der Arbeitssicherheit, um den Gesundheitsschutz kümmere sich oft getrennt davon die HR-Abteilung. Für Köchling, selbst als Gesundheitsmanager ausgebildet, ist das eine unnötige und künstliche Trennung, beides gehöre zusammen: „Es geht in beiden Bereichen um den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen bei der Arbeit. Wenn das nicht zusammen gesichert wird, entsteht Doppelarbeit, an der sich ein Unternehmen ‚sauer fahren’ kann.“

„Tatsächlich gerät in der ISO 45001 der Gesundheitsschutz viel stärker in den Fokus, und das wird in den nächsten Jahren immer wichtiger“, betont der Berater. Natürlich dürfe das Bemühen um Arbeitssicherheit nie nachlassen. Diese sei aber auf vielen Gebieten schon sehr weit entwickelt, wie das Sinken der Unfallzahlen beweise. „Gesundheitsschutz ist der Bereich, der bisher weniger gesehen und doch immer wichtiger wird. Ihn kann man mit der ISO 45001 sehr gut steuern.“

Aus der Not wächst das Interesse

Das müsse eigentlich heute jedes Unternehmen tun, das seine Mitarbeiter halten und neue qualifizierte Mitarbeiter gewinnen – also in Zukunft bei wachsendem Fachkräftemangel arbeitsfähig bleiben will. Vielfach wachse schon jetzt aus der Not heraus das Interesse, beobachtet Köchling, weil Krankenstände und Fluktuation zu hoch sind. Die Arbeitsbedingungen ändern sich und im Zeichen des Fachkräftemangels wachsen die Ansprüche der Arbeitnehmer.

Auf der anderen Seite gibt es die Bedenken, für ein weiteres Managementsystem Zeit und Geld aufwenden zu müssen. Nicht nur in Deutschland provozierte die Sorge, dass die Norm die Hürden an manchen Punkten noch höher legen würde, viel Widerstand gegen die ISO 45001. Tatsächlich gehen die vorhandenen Systeme, die auf dem nationalen Leitfaden beruhen, in manchen Punkten nicht so weit wie die ISO 45001. Sie basieren aber alle auf den gleichen „Urforderungen“, dass z. B. Gefährdungen identifiziert und Maßnahmen ergriffen werden, dass das Ganze strukturiert erfolgen soll und die Unternehmensführung sich stark einbringen muss usw. Die Schnittmenge bei den Kernforderungen betrage 80 bis 90 Prozent, nur die Elemente der High Level Structure gingen darüber hinaus.

Dafür sind die Systeme hervorragend zu koppeln, betont der Berater. Er habe in Gesprächen mit großen wie kleineren Unternehmen bereits Erfahrungen gesammelt, dass die Einführung eines AMS mit der High Level Structure deutlich einfacher wird, weil die Integration in existierende Managementsysteme vereinfacht wird. An Stelle der parallelen Welten mit unterschiedlichen Fragestellungen und parallelen Anforderungen gibt es ein einheitliches integriertes System im Unternehmen, das aus den Aspekten Qualität, Umwelt- und Arbeitsschutz zusammengesetzt ist.

Wer ISO 9001 wirklich lebt und nicht nur den Schein hat, so Köchling, könne schnell die ISO 45001 nachziehen und mit der gemeinsamen High Level Structure integrieren – die Hürde sei nicht mehr so groß. „Der Aufwand ist geringer, als wenn ein Unternehmen, das noch kein Arbeitsschutzmanagement hat, mit OHSAS 18001 oder SCC neu anfängt.“
Darüber hinaus profitieren Unternehmen davon, bei internationalen Aktivitäten nicht mehr ihr durch Berufsgenossenschaften anerkanntes Arbeitsschutzsystem erklären zu müssen. Indern, Chinesen oder Amerikanern sei ein Phänomen wie die deutschen Berufsgenossenschaften kaum verständlich zu machen. Wer mit Ausschreibungen der U.S. Energy Information Administration (EIA) zu tun habe, müsse einen Arbeitsschutz nach einem international anerkannten Standard nachweisen. ISO 45001 ist ein solcher. SCC/SCP etwa sei zwar auch international anerkannt, aber nicht überall verbreitet. Ein wichtiger Mehrwert der ISO 45001 bestehe darin, dass weltweit die gleichen Anforderungen gelten und Vergleichbarkeit gewährleistet ist.

„Natürlich verlangt die Einführung eines Managementsystems einen gewissen Aufwand“, so Stephan Köchling. „Aber im Falle der ISO 45001:2018 ist das ein Aufwand, der sich wirklich lohnt.“

Mehr zur ISO 45001 finden Sie hier im Werk:

Die ISO 45001 – Anforderungen und Hinweise